Jugend und Wissenschaft. Zur Wissenschaftspropädeutik im Unterricht der Waldorfschule

Authors

  • Angelika Wiehl

Abstract

In der Schulpädagogik bestehen Bestrebungen, einerseits die Lerninhalte des gymnasialen Unterrichts auf wissenschaftlicher Grundlage zu vermitteln, andererseits – und das gilt vor allem für reformpädagogische und waldorfpädagogische Lernkonzepte - einer Intellektualisierung des Unterrichts entgegenzuwirken. Dabei orientiert sich der Schulunterricht hinsichtlich des Verständnisses von Wissenschaft seit PISA vorwiegend an naturwissenschaftlich-empirischen und -experimentellen Vorgehensweisen. Seit den 1990er Jahren stehen Verbesserungen des naturwissenschaftlichen Unterrichts auf der Agenda der Bildungspolitik. Die elementare Lernerfahrung wissenschaftlichen Forschens und Erkennens ist aber auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen möglich. Der vorliegende Aufsatz setzt sich mit der Frage auseinander, wie wissenschaftliche Erkenntnis fächerübergreifend sowohl im naturwissenschaftlichen als auch im kulturwissenschaftlichen Unterricht des Jugendalters nicht nur ergebnisorientiert vermittelt, sondern als evidenzbasierter und individualisierter Lehr-Lernprozess erfahren werden. Eine kritische Befragung gilt dem „Inszenieren von Wissenschaft“ an Stelle der Wissenschaftspropädeutik im Schulunterricht. Die Methoden des wissenschaftspropädeutischen Unterrichts in der Waldorfoberstufe zeigen, dass wissenschaftliches Erkennen und Lernen nicht nur an besondere Projekte und Inszenierungen gebunden ist, sondern die Basis im alltäglichen Unterricht des Jugendalters sein kann. Für diesen wissenschaftspropädeutischen Unterricht in der Waldorfschule werden elementare und fächerspezifisch weiter zu entwickelnde Erkenntnismethoden dargestellt. Die Auswertung beispielhafter Schüleressays aus dem Deutschunterricht der 11. Klasse ergibt, dass Apperzeption und Evidenz in unterschiedlichen Phasen der Urteils- und Begriffsbildung an einem Lerngegenstand stattfinden und somit ein „wissenschaftliches“ Ergebnis mit einer individuellen, sinnstiftenden Lernerfahrung (Combe, 2007) einhergehen kann. Die evidente Begriffsbildung im Lernprozess erweist sich als Königsweg des individualisierten und wissenschaftspropädeutischen Unterrichts.

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Forum - Anthroposophy and science / Anthroposophie und Wissenschaft